Der Tod und was danach kommt

„Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt.“
Bertolt Brecht

Hallo Freunde,

jetzt wo ein wenig Zeit vergangen ist und ja auch viel zu erledigen ist und war, würde ich gerne davon berichten, was alles so auf einen zukommt oder zukommen kann, wenn ein Angehöriger verstirbt.

Nachdem mein Vater gefunden wurde und ich über die Freigabe des Toten informiert wurde, konnte ich alles mit den Bestattern besprechen. Meine Schwester und ich hatten nur eine grobe Vorstellung von dem, was mein Vater eigentlich wollte, aber aus vielen Scherzgesprächen heraus wusste ich, dass er pflegeleicht bestattet werden wollte und auch in einer Urne. Das war auch die Meinung meiner Schwester, dass er dies wollte.

Aber dann geht es ja schon los. Wer bezahlt das alles? Meine Schwester ist in Mutterschaft und ihr Mann grade frisch am Rücken operiert. Die beiden haben ein kleines Kind, welches nicht Mal 2 Jahre alt ist. Ich habe auch nichts, denn meine Minirente reicht nicht mal zum Leben – 118 Euro sind nicht viel. Unser Vater hat sein Leben lang gearbeitet. Erst auf Montage, dann als Lkw-Fahrer, dann als Heil- und Erziehungspfleger, dann als Dreher und zum Schluss als Sozialarbeiter (quasi ein Programm für arbeitslose Jugendliche und junge Erwachsene). Aber auch eine Rente von unter 800 Euro bekommen, da er die letzten Jahre arbeitslos war und ALG2 bekam.

Da kann man sehen: ein Leben voller Arbeit. Viel Arbeit – dabei waren viele Jobs, in denen er gut verdient hat, aber im Alter keine Rücklagen bilden konnte oder sonstiges Vermögen. So kann man eine Beerdigung nach den Sozialgesetzen beantragen. Das ist ein wenig Papierkram, den ich kopieren musste. Gut 35 Seiten plus diverse Bankauskünfte.

Nachdem dieses geklärt war, ist aber noch nicht sicher, ob das Amt das bezahlt. Jeder der Nachkommen könnte Geld haben und muss sich erklären. Sogar die Schwester, die in England lebt, muss dies tun. Wenn nicht, kann es sein, dass wir auf den Kosten sitzen bleiben.

Mal ehrlich: Wie asozial ist das? Man ist gezwungen, jemanden zu beerdigen und dann kann man sich das nicht leisten und was dann? Ich meine, mein Vater hat 40 Jahre lang hart gearbeitet und hat sehr viele Steuern bezahlt und so vielen Menschen geholfen mit dem, was er tat. Die Alternative ist das Ordnungsamt. Da wird man nach Venlo in Niederland gebracht und in einen Wald anonym verstreut ohne Feier und ohne Gedanken. Selbst das kostet schon 250 Euro.

Gut, das war die Beerdigung. Jetzt kommen wir zum Erbe. Da mein Vater jetzt Schulden hat, alleine schon die Tatsache, dass er jetzt tot ist und nicht mehr seine Rechnungen bezahlen kann oder die Miete, ist es bescheuert, das Erbe anzutreten. Also muss man es ausschlagen. Damit hat man keine Rechte und Pflichten an dem, was von den Toten noch so ist. Also muss man sich das überlegen, denn Erinnerungen sind kostbar oder man findet Lösungen. Das Gute ist, dass mein Vater einiges schon meiner Schwester und mir vor Jahren gegeben hatte und so nur noch wenig in der Wohnung ist, was besonders oder wertvoll ist, was im Zusammenhang mit Erinnerungen steht. Aber bedenken muss man das trotzdem.

Das Erbe ausschlagen ist relativ unkompliziert, da man nur zum Gericht muss und beim Nachlassgericht, das bekunden tut, dass man das Erbe nicht antreten will. Das macht jeder, der erben kann und gut ist, dass wir das alles zusammen machen werden. Da muss der Mann meiner Schwester mit und mein Neffe, der volljährig ist. Kosten wird das dann 30 Euro.

Ich finde, dass das alles noch geht, aber man steht da mit dem Schmerz und dem Verlust. Man muss sich dann auf einmal kümmern und Sachen regeln, wo einem die Kraft für fehlt. Das ist für mich das Asoziale an unserem System – alleine schon die Telefonate mit den Behörden oder dem Gericht. Ein paar dusselige Fragen zu klären. Zwei ganze Tage in Anspruch nehmen, damit man alles klären kann, was man so braucht, und, und, und … Das Ausfüllen der Unterlagen, das Erbringen der Belege und so dauert alles viel Zeit. Zeit, die in dieser schweren Phase für anderes wichtig wäre.

Sterben müssen wir alle mal irgendwann. Gut, dass wir nicht wissen, wie und wann, aber eins weiß ich: Sobald ich Ruhe haben werde, werde ich mich um alles kümmern, dass vieles von dem erledigt ist, dass nicht andere diese Wege gehen müssen. Ich werde zusehen, dass ich mir eine Versicherung leisten kann, dass ich unter die Erde komme – klein und fein, ohne andere zu belasten. Am Besten wäre es mir, wenn alles geregelt ist. Auch die Farbe und Art des Grabes.

Wobei ich keine Trauerfeier will. Ich will eine Goaparty mit bunten Farben und guter Goamusik. Man soll das Leben feiern und die Zeit, die man mit mir verbraucht hat, als über meinen Tod zu trauern. Das würde ich mir wünschen.

Habt ihr euch schon Gedanken gemacht oder eine Vorstellung, wie eure Beerdigung sein soll?

Euer Sascha


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Autor: Sascha Markmann

Legastheniker am Werk (Mehrfaches lesen meiner Postings kann zu irreparable Schäden an den Augen führen z. B.. Pseudotumor-zerebral-Syndrom) Leicht gestörter bis Mittel schwerer Fall von Überlebens Künstler, Maler, Blogger, Musiker, Podcaster und Video Produzenten "Audiovisueller STUMPFSINN mit keinem Nutzwert"

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