Selbstverletzendes Verhalten bei Borderline: Ein tiefgründiger und informativer Einblick

“Borderline entmystifizieren: Der Kampf gegen Selbstverletzung”

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Einleitung: Die Verbindung von Borderline und Selbstverletzung

In der tiefenpsychologischen Betrachtung des Borderlinesyndroms sticht ein Phänomen besonders hervor: das selbstverletzende Verhalten. Es ist ein klassisches, nahezu archetypisches Bild, das sich in unserem kollektiven Bewusstsein manifestiert hat. Wenn wir den Begriff “Borderline” hören, werden wir fast unweigerlich mit dem Bild von Menschen konfrontiert, die sich selbst Schaden zufügen.

Statistischer Überblick: Verbreitung und Zahlen

Die Verflechtung von Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) und selbstverletzendem Verhalten ist ein tiefgreifendes Thema, das sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch in der klinischen Praxis stark präsent ist. Statistiken zeigen, dass etwa 70-75 % der Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung im Laufe ihres Lebens Selbstverletzungen vornehmen. Diese Handlungen reichen von Schnitten bis hin zu Verbrennungen und anderen Formen physischer Selbstschädigung. 

Entwicklungsphase: Selbstverletzung in der Adoleszenz

Interessanterweise zeigt sich, dass Selbstverletzung nicht ausschließlich auf BPS beschränkt ist, sondern auch bei anderen psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Essstörungen und Angststörungen vorkommt. Das selbstverletzende Verhalten tritt häufig in der Adoleszenz auf und kann bis ins Erwachsenenalter andauern. Studien haben ergeben, dass etwa 8 % der Teenager sich selbst verletzen, wobei die tatsächliche Zahl aufgrund von Unterberichterstattung höher sein könnte.

Über das Bild hinaus: Vielfältige Formen der Selbstverletzung

Doch es wäre ein Trugschluss, selbstverletzendes Verhalten ausschließlich auf physische Verletzungen mit scharfen Gegenständen zu reduzieren. Die Wirklichkeit ist komplexer und vielschichtiger. Selbstschädigung kann in verschiedenen Formen auftreten – das Übergießen mit kochendem Wasser, das Ausdrücken von Zigaretten auf der Haut, um nur einige zu nennen. Bei mir persönlich manifestierte sich dieses Verhalten in einer rapiden Gewichtszunahme, eine doppelte Form der Selbstschädigung, die sowohl physisch als auch psychisch wirkt.

Ursachen und Motivationen: Ein tieferer Blick

Die Gründe für Selbstverletzungen sind vielfältig. Einige Forschungen deuten darauf hin, dass sie eine Form der Selbstberuhigung darstellen können oder ein Mittel, um unerträgliche emotionale Zustände zu lindern. Bei Personen mit BPS kann dies ein Versuch sein, innere Spannungen abzubauen oder Gefühle von Leere und Dissoziation zu bewältigen.

Neurobiologische Perspektiven: Das Gehirn und Selbstverletzung

Neben dem emotionalen Aspekt spielen auch neurobiologische Faktoren eine Rolle. Forscher haben festgestellt, dass selbstverletzendes Verhalten mit einer Veränderung in der Gehirnchemie zusammenhängen kann, insbesondere mit einer Dysregulation im Serotoninsystem. Dies kann erklären, warum einige Menschen eine sofortige emotionale Erleichterung nach einer Selbstverletzung erleben.

Therapeutische Ansätze: Von DBT bis Selbstfürsorge

Die Behandlung von selbstverletzendem Verhalten in Verbindung mit BPS ist oft komplex und erfordert einen multifaktoriellen Ansatz. Dialektische Verhaltenstherapie (DBT) hat sich als besonders wirksam erwiesen, da sie auf die Entwicklung von Bewältigungsstrategien abzielt, um mit emotionalen Schwankungen umzugehen, ohne sich selbst zu schädigen.

Persönliche Erfahrungen: Lernen, mit Emotionen umzugehen

In meinen persönlichen Erfahrungen und Gesprächen mit Fachleuten wurde deutlich, dass die Auseinandersetzung mit dem eigenen emotionalen Zustand und das Erlernen von Selbstfürsorgetechniken entscheidend sind. Regelmäßige Therapie und die Entwicklung von Bewusstsein für eigene Gefühle und Reaktionen können langfristig zu einer Verbesserung führen.

Gesellschaftliche Verantwortung: Aufklärung und Verständnis

Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft ein tieferes Verständnis und mehr Mitgefühl für Menschen mit selbstverletzendem Verhalten entwickeln. Indem wir uns informieren und sensibilisieren, können wir dazu beitragen, das Stigma zu durchbrechen.

Euer Sascha

Tipps:

Der Umgang mit selbstverletzendem Verhalten erfordert Sensibilität, Verständnis und oft professionelle Unterstützung. Hier sind einige Tipps, wie man mit dieser Situation umgehen kann:

  1. Verständnis zeigen: Versuchen Sie, die Person nicht zu verurteilen oder zu kritisieren. Selbstverletzendes Verhalten ist oft ein Ausdruck tiefer emotionaler Schmerzen.
  2. Zuhören und Unterstützung anbieten: Hören Sie zu, ohne zu urteilen, und bieten Sie emotionale Unterstützung und Verständnis an.
  3. Professionelle Hilfe suchen: Ermutigen Sie die Person, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Therapeut oder Psychologe kann geeignete Behandlungsmethoden anbieten.
  4. Informieren und sensibilisieren: Informieren Sie sich über das Thema, um besser verstehen zu können, was die betroffene Person durchmacht.
  5. Sicherheit gewährleisten: Wenn die Selbstverletzung schwerwiegend ist oder das Leben der Person bedroht, suchen Sie sofort medizinische Hilfe.
  6. Geduld zeigen: Der Weg der Heilung kann lang sein. Zeigen Sie Geduld und Verständnis für den Prozess.
  7. Selbstfürsorge praktizieren: Vergessen Sie nicht, sich auch um Ihr eigenes Wohlbefinden zu kümmern, insbesondere wenn Sie eng mit jemandem zusammen sind, der sich selbst verletzt.
Links:

Hier ist eine Liste von Ressourcen und Hilfsorganisationen, die Unterstützung bieten können:

  • Telefonseelsorge: Bietet anonyme und vertrauliche Beratung rund um die Uhr. Telefon: 0800/1110111 oder 0800/1110222.
  • Deutsche Depressionshilfe: Informationen und Unterstützung für Menschen mit Depressionen. Website: deutsche-depressionshilfe.de
  • Nummer gegen Kummer: Speziell für Kinder und Jugendliche. Telefon: 116 111.
  • Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke): Online-Beratungsangebot für Jugendliche und Eltern. Website: bke-beratung.de
  • Nacoa Deutschland: Beratung für Kinder aus Suchtfamilien. Telefon: 0800 6226228.

Bitte beachten Sie, dass dies nur eine Auswahl an Ressourcen ist und es in Ihrer Region möglicherweise weitere spezifische Angebote gibt. Es ist wichtig, dass betroffene Personen und ihre Angehörigen sich nicht scheuen, Hilfe zu suchen.